Ambitioniert und dem Ernst der Lage angemessen

Die Landessynode beschließt das Klimaschutzgesetz*

Am 25. April hat die Landessynode einstimmig mit einer Enthaltung ein Klima-schutzgesetz (KliSchG) für die ELKB verabschiedet. Mit dem Gesetz folgt die Landeskirche der Richtlinie der EKD zur Erreichung der Netto-Treibhausgasneutralität. Klimaschutz war für die 1.530 Gemeinden und die kirchlichen Einrichtungen bislang freiwillig. Das Gesetz, das am 1. Juli 2024 in Kraft tritt, erhebt ihn nun zur Pflicht. Das sind die Eckdaten:

 

REDUKTION UM 90 PROZENT BIS 2035

Bis zum Jahr 2035 müssen alle kirchlichen Einrichtungen, Gemeinden und Dekanate ihre Treibhausgas (THG)-Emissionen um 90 Prozent senken. Als Vergleichswert gilt dabei der Ausstoß, der zum Stichtag 1. Januar 2023 ermittelt wurde.

 

KLIMANEUTRAL BIS 2045

Von 2035 bis 2045 müssen die kirchlichen Rechtsträger ihre Emissionen jedes Jahr um einen weiteren Prozentpunkt drücken, sodass mit Ende des Jahres 2045 Netto-Treibhausgasneutralität gewährleistet ist.

FAHRPLAN

Um Reduktionsziele zu erreichen, flankiert ein „Klimaschutzfahrplan“ das Gesetz. Dieser Maßnahmenplan soll regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Dafür reicht unter bestimmten Voraussetzungen ein Beschluss des Landeskirchenrats und des Landessynodalausschusses.

 

VERBOT FOSSILER HEIZUNGEN

Paragraf 5 des KliSchG schreibt fest, dass auf den Einbau neuer Heizungsanlagen mit fossilen Brennstoffen oder den Anschluss an Versorgungsnetze auf fossiler Grundlage „zu verzichten“ ist. Zulässig sind per Gesetz ausschließlich klimaver-trägliche Technologien „nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik“, wie derzeit Wärmepumpen, Solarthermie und Fernwärme aus erneuerbarer Energie. Alle fossilen Heizungen müssen bis spätes-tens 31. Dezember 2045 ausgetauscht sein.

 

NATURSTROM

Elektrische Energie soll künftig nur noch aus erneuerbaren Quellen stammen, und zwar am besten sofort: „Bestehende Stromlieferungsverträge sind zum nächst-möglichen Zeitpunkt entsprechend umzustellen“, heißt es im Gesetz.

 

MOBILITÄT

Dienstreisen müssen künftig mit der Bahn, den Öffis, dem Rad oder dem E-Auto zurückgelegt werden. Inlands- und Kurzstreckenflüge darunter fällt laut Fluggastrechteverordnung der EU jede Distanz bis 1.500 Kilometer sind von Haus aus tabu. Um Emissionen bei der Mobilität einzusparen, dient per Gesetz auch mobiles Arbeiten.

 

EINKAUF

Im Einkauf bekommen ökologisch zertifizierte Produkte und solche aus regionalem oder fairem Handel den Vorzug. Tierische Produkte sollen „grundsätzlich“ aus einer Haltungsform mit „möglichst hoher Stufe des Tierwohls“ stammen. Eine fleischlose Alternative ist bei Gemeinschaftsverpflegung künftig Pflicht.

 

MONITORING

Alle Gemeinden und Einrichtungen müssen ihre Energiedaten erfassen. Die jährliche Treibhausgasbilanz ist dann verpflichtender Teil des Jahresabschlusses. Klimaschutz in der Landeskirche ist künftig „Querschnittsaufgabe“ der zuständigen Referate im Landeskirchenamt. Sie überwachen die Entwicklung anhand der erfassten Daten und passen gegebenenfalls die Maßnahmen des „Klimaschutzfahrplans“ an.

 

FINANZIERUNG

Investitionen werden von der Landeskirche künftig nur noch gefördert, wenn die Baumaßnahmen erstens nicht gegen die Ziele des Klimaschutzgesetzes verstoßen und zweitens Gebäude betreffen, die einem Immobilienkonzept zufolge über das Jahr 2035 hinaus erhalten bleiben. Diese Strategiekonzepte müssen die kirch-lichen Rechtsträger bis 31. Dezember 2025 fertigstellen.

 

AUSNAHMEN

Ob Heizung oder Dienstreise: Von den Gesetzesvorgaben „kann in besonders be-gründeten Fällen“ abgewichen werden.

 

Stefan Blumtritt, thematisch zuständiger Oberkirchenrat für die Umwelt- und Klima-arbeit, betonte während des Themen-tages Klimaschutz, der dem Beschluss vor-ausging, dass es sich um ein „ambitioniertes, aber auch dem Ernst der Lage angemessenes“ Klimaschutzgesetz handle.

Ausdrücklich dankte er den Kirchengemein-den, Einrichtungen und engagierten Haupt- und Ehrenamtlichen, die seit der ersten „Klimasynode“ im Jahr 2009 (und noch länger) dazu beigetragen haben, Schöpfungsverantwortung in der ELKB konkret werden zu lassen. Mit dem Klimaschutz-gesetz würde diese langjährige Arbeit ge-würdigt und ihre zukünftige Unterstützung durch die Verwaltung verbessert.

 

Harald Kunstmann, Professor für Regionales Klima und Hydrologie an der Uni Augsburg, machte den Synodalen in seinem Vortrag deutlich, dass jede Tonne CO2 zählt: Die kumulativen Emissionen seien entscheidend, da CO2 sehr lange inder Atmosphäre verbleibt.

0,1 Grad Erderwärmung weniger bedeute, dass Millionen Men-schen weniger von Wasser-knappheit, Hitzetod oder Hoch-

wasser betroffen sind. Kunstmann lobte daher das ambitionierte Ziel des Klimaschutzgesetzes und insbesondere den Klimaschutzfahrplan: „Hier haben Sie die GPS-Daten, wie Sie das Ziel erreichen.“

 

Für Christof Illig, stellvertretender Leiter des landeskirchlichen Baureferats, gilt es nun, die verschiedenen Zukunftsprozesse miteinander zu verzahnen: „An welchen Standorten können und wollen wir als kleiner werdende Kirche zukünftig mit attraktiven Gebäuden einladend präsent sein?“ Aus dem Kreis der Synodalen wurden Unterhaching und Miesbach als Beispiele bereits gelungener Konzentration genannt.

 

Wolfgang Schürger, Referent für Umwelt- und Klimaverantwortung der ELKB, freut sich über den einstimmigen Beschluss, weiß aber auch: „Jetzt geht die Arbeit noch einmal richtig los, wir haben in den Beratungen immer wieder gehört, dass die regionalen Gremien und Verwaltungen Beratung und Unterstützung benötigen, wie sie die Klimaschutzziele und den Klimaschutzfahrplan konkret umsetzen können.“

In bewährter referatsübergreifender Zu-sammenarbeit werden Landeskirchliches Baureferat, Referat für Umwelt- und Klima-verantwortung und Gemeindereferat der ELKB unterstützt durch das Strategieteam um den neuen Planungsreferenten Matthias Hantke und durch die Gemeindeakademie, die im Herbst und Winter regionale Workshops dazu anbietet. Erklärtes Ziel: zukunftsfähiges, attraktives kirchliches Leben zu ermöglichen.

Wolfgang Schürger / epd

 

 

 * Dieser Beitrag ist zuerst im Umweltmagazin der ELKB   erschienen. Wir übernehmen ihn mit freundlicher Genehmigung des Autors Wolfgang Schürger, Referent für Umwelt- und Klimaverantwortung der ELKB.